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- Erstellt: 10. Oktober 2013
In dem bald ein Jahrzehnt alten Gemeindezentrum in der Nähe der alten Friedhofskapelle und des etwas jüngeren ehemaligen Diakonissenkrankenhauses führte der Vorstand ein ausführliches, intensives zweistündiges Gespräch mit dem neuen Pfarrer, der sich mit seinem Kirchenvorstand abgestimmt hatte. Vereinbart werden konnte konkret noch (?) nichts. Es mag aber sein, dass mit einiger Geduld vielleicht doch etwas gelingt. Der Wunsch nach einer Gebetsgemeinschaft scheint schwierig erfüllbar zu sein, der Austausch von Informationen müsste erprobt werden, auch wenn die polnische Seite Bedenken äußerte, weil sie keine Kapazität zu Übersetzungen ins Deutsche habe. Einer ihrer Vertreter beklagte, dass die Deutschen ihre Friedhöfe z. B. im Kreis Gnesen verkommen ließen. Was ist mit den Angehörigen, oder könnte die Partnerstadt Posens, Hannover, nicht aktiv werden? Die Polen seien bereit, die Friedhöfe zu pflegen, doch müssten die Impulse dazu von den deutschen Nachkommen ausgehen.
Traurig soll es in der alten Friedhofskapelle aussehen, obwohl sie unter Denkmalsschutz gestellt ist. Benutzbar ist sie nicht mehr, da das Innere seit einem Jahrzehnt nicht mehr gepflegt wird.
Pfarrer Boelter bemühte sich intensiv um das von ihm ab 2014 angestrebte Reformationsgedenken in Posen und anderen Teilen Polens, das er wie die Lutherwege in Thüringen in einen europäischen Rahmen stellen möchte. Pfarrer Kotas schien davon angetan, doch benötigt er genauere Informationen und versprach, das Projekt zu verfolgen.
Ökumenischer Geist und die Erinnerung an das frühere evangelische, in erster Linie deutsch geprägte Leben in der Großstadt an der Warthe führten die Teilnehmenden zur ehemaligen Kreuzkirche an der ul. Ewangelicka, der „evangelischen Straße“ in der Nähe des „Grabens“ (Grobla). Es ist erfreulich, dass dieses älteste protestantische Gotteshaus aus dem Jahre 1786 (anders als die Petrikirche von 1841) den letzten Krieg mit einmonatiger Belagerung und die armselige Nachkriegszeit überstanden hat und von der katholischen Universitätsgemeinde in einen guten Zustand versetzt worden ist. Leider war es nicht möglich, das Innere zu betreten.
Kann die Gemeinschaft Evangelischer Posener mit den Ergebnissen dieses Besuchs zufrieden sein? Zunächst einmal: Solange die Evangelisch-Unierten in Posen Kirchen unterhielten, war ein Gespräch zwischen den seit 1919/20 zugezogenen polnischen Lutheranern und ihnen nicht möglich. Bis 1939, weil die zugewanderten Polen Kontakte mit den „Germanisierern“ ablehnten, dann, weil Kontakte auch durch den deutschen Staat unmöglich gemacht wurden, weil er bald nach der Besetzung Gustaw Manitius, Pfarrer der polnischen Kirche augsburgischer Konfession verhaftete und Anfang 1940 umbrachte. Erst die zeitliche Distanz und die politische Annäherung seit 1970 und noch stärker 1990 förderte Begegnungen mit weniger Vorbehalten und Misstrauen. Bis heute bestehen aber massive Vorbehalte gegen unseren letzten, von 1910 bis 1944 amtierenden Bischof D. Paul Blau.
Fragen wir nach dem gegenwärtigen Stand! Es ist nicht ein Brett, sondern ein dicker Balken, der gebohrt werden soll. Unklar ist einstweilen, wo die wirklich entscheidenden Hemmschwellen für eine entspannte Atmosphäre und fruchtbare Zusammenarbeit liegen. Leider konnte der Vorstand nicht an das Verhältnis unter Pfarrer Raszyk anknüpfen. Zwar war der Besuch polnischerseits gut vorbereitet, die Atmosphäre jedoch war nur sachlich. Der Vorstand der Gemeinschaft ist sich einig, dass die Hoffnung nicht aufgegeben werden soll, von einem Nebeneinander zu einem Miteinander zu gelangen. Das sichtbare Zeichen dafür steht ja hinter der Kirche und weist mit den Wörtern Glaube, Hoffnung, Liebe auf die Gemeinsamkeit der beiden sich auf das Evangelium und auf Martin Luther berufenden Konfessionen hin.
Der Vorstand nutzte den Besuch auch dazu, sich über die Veränderungen in der Stadt zu unterrichten. Im Vordergrund aber standen Stätten der evangelischen Geschichte und Gegenwart Posens. Die Mitglieder besuchten auch einen Gottesdienst der evangelisch-augsburgischen Gemeinde, in dem Pfarrer Kotas sie deutsch begrüßte. Er verabschiedete sich am Ausgang von den Gästen sehr freundlich ebenfalls in deutscher Sprache. Auffallend viele junge Leute nahmen teil, während die ältere Generation weitgehend fehlte.
Dank gebührt unserer Geschäftsführerin Karin Ziegeler, die Pfarrer Boelter einmal mehr organisatorisch nachhaltig unterstützt und damit zu dem Gesamtergebnis beigetragen hat. Sie hat auch ihre guten Kontakte zu einer Posenerin genutzt, einer Insiderin, die ihre polnischen Sprachkenntnisse wie immer gern zur Verfügung stellte.