Presse
- Details
- Erstellt: 17. Juli 2013
„Glaube - Liebe - Hoffnung“ in Posen / Poznań
Zu diesem Ereignis reisten mehrere Mitglieder und Freunde der Gemeinschaft Evangelischer Posener mit der Bahn aus verschiedenen Gegenden in Deutschland an. Im Zug von Berlin nach Posen war die Reisegruppe dann vollzählig beisammen.
Der Beginn der Einweihung der Skulptur im neuen Evangelisch-Augsburgischen Gemeindezentrum an der ul. Obozowa 5 war zu 16:30 Uhr geplant. Leider hatte der Zug auf der Strecke von Berlin nach Frankfurt/Oder auf Grund von Betriebsstörungen erhebliche Verspätungen, sodass die Feierlichkeiten der Einweihung der Skulptur erst 1 Stunde später beginnen konnten.
Die Dämmerung brach bereits herein, als sich die deutsche Gruppe mit Gemeindegliedern der Evangelischen-Augsburgischen Kirche in Posen und Teilnehmern von der deutschen Minderheit in Posen im Park des Gemeindezentrums zu einer ökumenischen Andacht vor der Skulptur trafen. Die Skulptur hat auf dem Gelände des Gemeindezentrums einen wunderschönen Platz unter alten Bäumen gefunden, der einlädt zur Andacht und Meditation.
Zu Beginn spielte das Bläserquartett aus Reinhardsbrunn/Friedrichroda mit dem Ehepaar Boelter und zwei weiteren Bläsern. Nach Begrüßungsworten von Pastor T. Raszyk, die Herr H. Klinger zusammengefasst übersetzte, folgten die Begrüßung durch Pfarrer Ch. Boelter und die anschließende Segnung der Skulptur und ein Gebet. Mit dem Lied „Lobe den Herren“ wurden die Einweihungsfeierlichkeiten im Freien abgeschlossen und wegen der aufkommenden Dunkelheit in der neuen Kirche des Gemeindezentrums fortgesetzt.
In seiner Ansprache, die abschnittsweise von Frau Ursula Czechowska übersetzt wurde, erinnerte Pfarrer Christfried Boelter an den langen Weg, die die Skulptur von der Idee bis zur Realisierung brauchte.
Die ersten Pläne stammen noch von Pastor Wilhelm Prenzler, dessen Wunsch es war, in Posen ein Zeichen der Rückbesinnung und der Versöhnung zu setzen. Ohne seinen Spendenaufruf anlässlich seines 90. Geburtstages wäre die Verwirklichung seiner Grundidee sehr schwer geworden.
Ursprünglich war nur ein einziges Denkmal/Mahnmal in einer anderen Größenordnung in Posen geplant. Für den Standort wurden seitens der Evangelischen-Augsburgischen Kirche in Posen verschiedene Plätze angeboten.
Nachdem von der ursprünglichen Planung des Denkmals, das aus drei Steinen bestehen sollte, abgegangen wurde, sollte eine Skulptur zweimal ausgeführt werden, mit je einem Standort in Deutschland und in Polen. Damit war die Frage des geeigneten Platzes wieder aktuell.
Mit großer Dankbarkeit wurde die Antwort der Evangelisch-Augsburgischen Kirchengemeinde in Posen aufgenommen, dass die Skulptur im neuen Gemeindezentrum aufgestellt werden kann.
Nach der Aufstellung und Einweihung der 1. Skulptur im Klosterpark von Reinhardsbrunn im Herbst 2004, bildet die 2. Skulptur im Gemeindezentrum der Posener Ev.-Augsburgischen Kirche quasi die Eckpfeiler einer Brücke. Sie verbindet die Menschen in Polen und Deutschland miteinander und lädt dazu ein, einen gemeinsamen Weg in eine friedliche Zukunft zu gehen.
Das Bläserquartett begleitete musikalisch die Lieder, deren Strophen von der Gemeinde abwechselnd auf deutsch und polnisch gesungen wurden.
Auf Grund ihrer Verhinderung wurde der Vortrag von Julita Garstkowiak von Petra Weise verlesen und von Ursula Czechowska wieder abschnittsweise Polnisch übersetzt.
In diesem Vortrag wurde die Entstehungsgeschichte der Skulptur geschildert. Sie ist in ihrer Idee als ein deutsch-polnisches Jugendprojekt für den ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003 entstanden. Ihre gedanklichen Anregungen für diese Skulptur erhielt die Jugendgruppe, die sich aus verschiedenen Treffen in Deutschland (Reinhardsbrunn) und in Polen (Posen) kannte, während eines Besuchs im Berliner Dom.
Für die künstlerische Umsetzung des Entwurfs in die Originalskulptur wurde Prof. Wojciech Kujawski von der Akademie der Schönen Künste, Poznań, gewonnen.
Wegen des verspäteten Beginns der Feierlichkeiten musste der Ablaufplan der Veranstaltung zum Teil geändert werden, sodass nicht alle Programmpunkte in der vorgesehenen Weise durchgeführt werden konnten. Der Vortrag von Prof. Kujawski wurde deshalb nur auf polnisch von Frau Czechowska – da der Künstler zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwesend war – verlesen. In seinem Vortrag, der auch in deutscher Übersetzung von Herrn Klinger vorliegt, beschreibt Pof. Kujawski die Gedanken und die Symbolik, die sich mit der Arbeit an dieser Skulptur verbinden.
Die Skulptur „Gaube - Liebe - Hoffnung“ wurde verschiedentlich in den „Posener Stimmen“ abgebildet. Sie stellt zwei Bäume dar, die aus einer gemeinsamen Wurzel den Sockel wachsen. In den Zweigen der Bäume halten zwei Engel eine aufgeschlagene Bibel. Der Text der Bibelseiten lautet: „Glaube – Liebe – Hoffnung“ und im Sockel stehen die Worte „Versuchung – Schuld – Vergebung – Versöhnung“ in beiden Sprachen polnisch/deutsch. Einige der Gedanken von Prof. Kujawski Gedanken zur Symbolik der Skulptur seien hier erwähnt: Bäume waren die ersten Heiligtümer der Menschen. In den Mythen vieler alter Kulturen symbolisieren Bäume den Aufenthaltsort der Götter - sie geben Schutz und Sicherheit. „Der Baum ist letztlich das Symbol für Lebenskraft. Indem sie ihre Wurzeln in der Erde und im Wasser haben, die Krone aber in der Luft und in der Sonne, wachsen die Bäume mit der Zeit immer tiefer in die Erde und immer höher gen Himmel und stellen so eine lebendige Klammer dar, die Himmel und Erde miteinander verbindet.“
Der Künstler lässt die Engel einen Platz in den Kronen der Bäume aussuchen. „Engel sind Gottesboten, Vermittler zwischen Himmel und Erde, die letzterer die Frohe Botschaft verkünden. Sie überbringen die prophetischen Bücher - übermitteln den Menschen den Willen Gottes. Daher ist das Buch in der christlichen Kultur auch das Symbol der Gesetzessammlung, der Weisheit, der Besonnenheit, Erforschung der Wahrheit, der Reinheit. Als deutliches Zeichen des göttlichen Wirkens verkörpert es das ganze Universum, als die Schrift der Vergangenheit, der Gegenwart und des Zukünftigen.“
Die Befreiung von dem Bösen waren von jeher Glaube, Liebe, Hoffnung, - ein Dreiklang, der die Garantie des Guten, der Vergebung und der Verständigung darstellt. Ein Dreiklang der die Kraft in sich hat, das Böse zu besiegen und Brücken zu bauen über die getrennten Welten, um sie zu einigen für eine Umkehr. - Soweit die Gedanken des Künstlers zu seiner Skulptur.
Im Anschluss an die ökumenische Feier war ein Abendessen im nahe gelegenen Hotel Olimpia vorbereitet, an dem auch Vertreter der Deutschen Minderheit in Posen teilnahmen. Wer nach diesem langen Tag noch nicht zu müde war, konnte an einem kleinen Bummel durch die Posener Innenstadt teilnehmen.
Am Sonntag fand um 10:00 Uhr in der Kirche des Evangelischen-Augsburgischen Gemeindezentrums ein Jugendgottesdienst mit Abendmahl statt. Eine Gruppe von Jugendlichen sowie der Pfarrer aus der Gemeinde von Lissa/Leszno begleitete den Gottesdienst mit verschiedenen Instrumenten. Die Predigt hielt der Pastor Woła aus Schneidemühl/Piła. Da die Predigt nicht ins Deutsche übersetzt wurde, konnte man in Ruhe die sehenswerte neue Kirche bewundern. Die großen hölzernen Bögen des Innenraums vermitteln den Eindruck eines Doms. Die Kirche ist durch die weißen Wände und das helle Holz sehr hell. Dieser Eindruck wird verstärkt durch das Lichtzusammenspiel der langen Fensteröffnungen mit den überglasten Teilen der einen Kirchenseite. Der sonnige Oktobertag und die schöne Färbung der Laubbäume in Nähe der Kirche rundeten den freundlichen Gesamteindruck des Gotteshauses ab. Die Kirche trägt den Namen „Kirche der göttlichen Gnade“.
Nach den erlebnisreichen Tagen in Posen hatten alle Mitreisenden das Gefühl, dass ein wichtiges Projekt nicht nur zum Abschluss gekommen ist, sondern dass es auch einen guten Neubeginn eröffnet.
Rainer Prenzler